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Karte Mittel- und Nordeuropa

Standort 10 - Wanderweg «Via Energia»

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Elektrischer Strom als Handelsware

Im Jahr 1891 staunte die Welt: In Frankfurt leuchteten an einer elektrotechnischen Ausstellung auf Knopfdruck 1’000 Glühlampen auf. Das Besondere daran: Der elektrische Strom dafür wurde 175 Kilometer entfernt an einem Fluss erzeugt. Wir können uns heute kaum mehr vorstellen, was für ein technologischer Durchbruch es war, als Produktion und Verbrauch räumlich getrennt werden konnten. Heute gehören Strommasten zum Landschaftsbild. Sie überspannen unseren Kontinent und stellen sicher, dass egal wo Strom produziert wird, dieser an einem auch weit entfernten Ort genutzt werden kann.

Da Strom aber kein lagerfähiges «Gut» ist, müssen Produktion und Verbrauch zur gleichen Zeit zu gleichen Mengen stattfinden. Das erfordert eine ständige Kommunikation zwischen Produzenten und Verbrauchern. Der Stromaustausch hat deshalb schon lange Tradition. Um die Selbstversorgung in ihren Gebieten zu sichern, handelten in der Schweiz die Stromproduzenten und -versorger schon früh untereinander. Sie exportierten und importierten aber auch aus dem nahen Ausland Strom. Eine der Pionierinnen waren die Kraftwerke Brusio, die heutige Repower, die bereits im Jahre 1907 Strom in die Industriezentren Norditaliens verkauften.

Nach vielen Jahrzehnten staatlicher Regulierungen in der Elektrizitätsbranche ist der Handel heute europaweit offen. Die EU sieht einen wettbewerbsorientierten Markt als Voraussetzung für tiefe Energiepreise. Dazu mussten die Übertragungsnetze, die bisher den Versorgern gehörten, frei werden. In der Schweiz sind diese heute in der Swissgrid zusammengefasst. Auf diese Weise haben alle am Strommarkt Beteiligten einen fairen Netzzugang.

In der Schweiz können seit 2009 Grosskunden mit einem jährlichen Verbrauch von 100’000 Kilowattstunden ihren Stromversorger frei wählen. Die Schweizer Energieunternehmen versuchen deshalb durch geschickten Handel möglichst günstige Preise zu erzielen, um Schweizer Grosskunden aber auch ausländische Kunden zu gewinnen. So auch Repower, die zu den vier grössten Stromhändlerinnen der Schweiz gehört und Handelsplätze in Poschiavo und Mailand betreibt.

Karte mit den verschiedenen Posten auf der Via Energia
Der Handelsplatz

Strom wird sowohl an Börsen, zum Beispiel in Leipzig, als auch direkt zwischen Marktteilnehmern gehandelt. Man unterscheidet grob zwischen kurzfristigem und langfristigem Handel. Kurzfristiger Handel kann zum Beispiel auf die Wetterverhältnisse Rücksicht nehmen: eine Kältewelle, viel Regen. Beim langfristigen Handel hingegen verlassen sich die Händler auf Erfahrungen, Prognosen und Annahmen, die für einen bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft getroffen werden. Wie beim Wertpapierhandel orientieren sich die Preise an Angebot und Nachfrage.

Visualisierung einer Wolke
Visualisierung einer Hochspannungsleitung
Von Hochspannungsmasten und guten Schwingungen

Das Schweizer Übertragungsnetz ist 6’700 Kilometer lang und weist 12'000 Masten auf. Diese Hochspannungsmasten sind auf drei bis vier Meter tiefen Fundamenten mit bis zu 80 Kubikmeter Beton aufgebaut. Bei besonders grossen Masten werden die Fundamente zusätzlich verankert. Die Masten können bis zu 60 Tonnen schwer sein und sind oft aus über 1’400 Einzelteilen mit rund 3’000 Schrauben zusammengesetzt. Das Brummen, das bei Nebel oder Regen unter einer Hochspannungsleitung zu hören ist, entsteht durch Wassertröpfchen, die sich auf dem Leitungskabel ansammeln und durch die Frequenz des Stroms ins Schwingen geraten. Auch Mikroentladungen in die Luft erzeugen das charakteristische Summen.

Ohne Netz wäre alles nichts

Genauso bedeutsam wie die Produktion von Strom ist sowohl für die Konsumenten als auch für den Handel dessen Transport. Grosse Mengen werden mit einer Höchstspannung von bis zu 380'000 Volt in Übertragungsleitungen über weite Strecken transportiert. Für die feinere Verteilung wird der Strom in Transformatorenstationen zu Hoch-, Mittel- und schliesslich Niederspannung umgewandelt, bis zur unterirdischen Kabelleitung im Quartier, die über den Hausanschluss den Strom in der üblichen Netzspannung von 230 Volt zur Steckdose führt.

Visualisierung des Stromnetzes in Europa
Visualisierung der Stromleitung auf dem Berninapass
Die Berninaleitung

Die Stromleitung, die uns auf unserem Weg begleitet, ist eine Höchstspannungsleitung für 20'000 Volt, 150'000 Volt sowie 380’000 Volt. Die 380’000 Volt-Hochspannungsleitung zweigt bei Bever von der Albulaleitung ab, führt über den Berninapass hinunter ins Tal und via Unterwerk Robbia bis nach Italien. Zwei Fünftel des Stroms, der zwischen der Schweiz und Italien ausgetauscht wird, fliesst über diese Leitung. Die Berninaleitung gehörte bis 2013 Repower und ging danach wie alle Übertragungsleitungen in der Schweiz an die nationale Netzgesellschaft Swissgrid über.

Der Stromsee und eine Garantie

Ob Strom durch die Verbrennung von Erdöl erzeugt wird oder zu 100 Prozent erneuerbar durch Wasserkraft in der Valposchiavo: Strom ist immer Strom und kann aus physikalischen Gründen nicht direkt vom Kraftwerk zur Steckdose geliefert werden. Stattdessen fliesst jede in Europa erzeugte elektrische Energie ins europäische Stromnetz. Am besten stellt man sich dieses Netz als einen Stromsee vor, aus dem jeder Konsument seinen Strom bezieht. Je höher nun der Anteil an umweltschonend produzierter Energie ist, desto «grüner» wird der Stromsee. Damit die Stromproduktion umweltschonender wird, gibt es in der Schweiz staatliche Förderinstrumente sowie den freiwilligen Ökostrommarkt mit Herkunftsnachweisen. Die Ökostromkunden von Repower erhalten eine Garantie dafür, dass ihre bestellte Strommenge in der vereinbarten ökologischen Qualität tatsächlich hergestellt und ins Stromnetz gespeist wird. Auf diese Weise kann jeder von uns dazu beitragen, dass der Stromsee immer grüner wird.

Visualisierung eines Stromnetzes

Strom aus der Steckdose: Der Strom fliesst durch Europa.

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