Gesucht: Noch bessere Solarzellen
Die Solarenergie wird seit einigen Jahren rund um den Globus rasant ausgebaut. Innerhalb von zehn Jahren hat sich die weltweit installierte Leistung von 150 auf 1500 GW verzehnfacht (Stand 2023). Das ist ungefähr 1150-mal so viel Spitzenleistung, wie das Kernkraftwerk Leibstadt als leistungsstärkster Reaktor der Schweiz produziert. Die Solarenergie leistet also bereits einen substanziellen Beitrag an die Energieversorgung und soll künftig noch wichtiger werden – auch hierzulande, wo der Solarstrom schon heute einen Anteil von rund 10 Prozent am Jahresstromverbrauchs erreicht.
Silizium als Standard
Der Photovoltaik-Boom hat verschiedene Gründe. Dazu zählen sicherlich günstige Rahmenbedingungen in vielen Staaten durch eine entsprechende Förderpolitik. Die Fortschritte bei der Technik leisteten aber ebenfalls einen wichtigen Beitrag, schliesslich sind Solarzellen heute wesentlich effizienter und kostengünstiger als noch vor einigen Jahren.
Solarzellen aus monokristallinem Silizium sind derzeit der State of the Art und erreichen Wirkungsgrade von bis zu 25 Prozent. Das bedeutet, dass die Solarzelle rund ein Viertel des einfallenden Sonnenlichts in Strom umwandeln kann. Der tatsächliche Wirkungsgrad einer Photovoltaikanlage liegt aufgrund von Transport- und Umwandlungsverlusten in der Regel bei rund 20 Prozent.
Solarzellen als Tandem
An der Weiterentwicklung von Solarzellen auf Basis von monokristallinem Silizium wird weltweit geforscht. Es ist möglich, dass der Wirkungsgrad noch leicht gesteigert werden kann, aber mehr als einige zusätzliche Prozente liegen nicht drin. Grund dafür ist, dass Silizium wie alle Halbleiter eine sogenannte Bandlücke aufweist – es kann nur Photonen mit einer bestimmten Energie zu Strom umwandeln. Die energiereichen blauen Photonen nutzt es zudem nur ineffizient. Um diesen Nachteil zu überwinden, gibt es verschiedene Forschungsprojekte, die das Design und die Wirkungsweise von Tandem-Solarzellen untersuchen. Bei einer Tandemzelle kombiniert man zwei Materialien mit unterschiedlicher Bandlücke in einer Solarzelle, sodass diese einen höheren Wirkungsgrad erreicht.
Prof. Christophe Ballif leitet das Sustainable Energy Center am CSEM und das Photovoltaik-Labor an der EPFL und forscht dabei in ebendiesem Bereich. «Wir arbeiten an einer Tandem-Solarzelle, in der wir eine Silizium-Zelle mit einer Perowskit-Zelle kombinieren», sagt Ballif. «Bereits vor zwei Jahren ist es uns gelungen, einen Wirkungsgrad von 31,3 Prozent für diese Art von Solarzellen zu erreichen. Das war das weltweit das erste Mal, dass die 30-Prozent-Marke übertroffen wurde.» Die grösste Herausforderung sei nun, zuverlässige Perowskit-Zellen herzustellen.
Bandlücke designen
Perowskit ist eine recht häufig vorkommende Mineralstruktur. Perowskit-Halbleiter weisen wie das Silizium eine Bandlücke auf, vermögen also nicht alle eintreffenden Photonen aufzunehmen. Im Unterschied zum Silizium lässt sich beim Perowskit die Bandlücke aber steuern, indem man die Zusammensetzung des Materials anpasst. Perowskit hat ferner den Vorteil, dass seine Herstellung weniger Energie benötigt und damit auch weniger CO2-intensiv ist als jene von Siliziumzellen. Zudem kann man sie auf leichten, flexiblen Folien auftragen, was eine sehr vielseitige Verwendung ermöglicht. Ballif ist zuversichtlich, dass Perowskit künftig punkto Kosten und Leistung dem Silizium überlegen sein wird. «Wenn die Stabilitätsprobleme gelöst sind, gehe ich davon aus, dass Perowskit-Silizium-Kombinationen den Markt mit Nachdruck erobern werden.» Der Weg zu zuverlässigen Produkten sei aber noch lang, weil diese Materialen eine Tendenz zur Instabilität hätten.
Neuartige Zellkonzepte
Nebst dem Perowskit gibt es weitere innovative Konzepte für Solarzellen. Bereits seit den frühen 1990er-Jahren wird an sogenannten Grätzel-Zellen geforscht. Vereinfacht gesagt versucht man dabei, die Photosynthese von Pflanzen technisch nachzubauen, um so die Energie des Sonnenlichts nutzbar zu machen. Den Durchbruch am Markt hat die Technik bisher aber nicht geschafft.
Ein anderes Beispiel sind transparente Solarzellen. Die Idee dahinter ist, die Zellen wie normales Fensterglas zu verwenden. Dazu werden Metalloxide hauchdünn auf ein transparentes Trägermaterial aufgebracht. Im Gegensatz zu herkömmlichen Solarzellen wandeln sie aber nur die ultraviolette Strahlung in Energie um.
Solarzelle als Fenster
Die Wirkungsgrade, die sich damit erreichen lassen, sind heute allerdings noch sehr tief. Gemäss Christophe Ballif kommen solche Solarzellen am ehesten für Nischenanwendungen infrage. «Wenn man eine transparente Solarfassade realisieren will, erreicht man das in der Regel durch einen mit Fensterglas gefüllten Abstand zwischen Silizium-Solarzellen», so der Forscher.
Optimierung bestehender Solarzellen
Geforscht wird indes nicht nur an neuen Konzepten, sondern auch an der Optimierung der bestehenden. So ist man zum Beispiel bestrebt, die Herstellungskosten weiter zu senken. Eine Möglichkeit dafür ist der Ersatz des bisher zur Stromentnahme aus dem Modul verwendeten Silbers, dessen Anteil an den Modulkosten heute rund 7 bis 10 Prozent ausmacht. «Am CSEM in Neuenburg haben wir Solarzellen entwickelt, die Kupfer anstelle des Silbers verwenden», erläutert Ballif. «Sollte der Silberpreis künftig steigen, wäre das eine Alternative, um die Kosten tief zu halten.»
Ein anderer Forschungsschwerpunkt liegt bei der Zuverlässigkeit von Solarzellen. Photovoltaikmodule sind während ihrer Lebensdauer von etwa 25 Jahren Wind, Wetter und unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt. «Es gibt deshalb viele verschiedene Mechanismen, die in den Solarzellen einen Leistungsverlust auslösen können», erklärt Ballif. «Diese Auslöser müssen verstanden und so gut wie möglich unterdrückt werden, damit die Module eine hohe Zuverlässigkeit erreichen.»
Weniger Ressourcen, besseres Recycling
Und wie sieht es mit der Ökobilanz aus? Schliesslich soll die Photovoltaik ja einen wesentlichen Beitrag zur umweltschonenden Energieversorgung der Zukunft leisten. Nach Einschätzung von Ballif sind die heutigen Photovoltaikmodule bereits ziemlich nachhaltig. «Durch den technischen Fortschritt ist der Wirkungsgrad heute höher, der Siliziumbedarf geringer und der Energieaufwand für das vorgängige Reinigen des Siliziums ebenfalls.» Eine weitere Verbesserung der Ökobilanz sei möglich, wenn man den Materialbedarf weiter senken und die Effizienz erhöhen könne. «Besonders wichtig ist es aber, dass für die Herstellung der Module und ihrer Komponenten CO2-freier Strom verwendet wird», betont Ballif. Schon heute sei die Energiebilanz von PV-Systemen sehr gut: Die bei der Produktion eingesetzte Energie wird in der Schweiz innert einem Jahr wiedergewonnen.
Mit der steigenden Zahl verkaufter Module wird es künftig noch wichtiger, Solarmodule umfassend zu recyclen. Heute ist dieser Markt noch klein, weil sich die meisten verbauten Module erst am Anfang ihres Lebenszyklus befinden. In den kommenden Jahren dürfte sich das aber rasch ändern.