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Ein Elektrobus ladet am Pantografen in Untervaz.

Batteriebus nimmt Fahrt auf

13. September 2024
Wissen
Dank technischer Fortschritte, verbesserter Rahmenbedingungen und sinkender Kosten verkehren immer mehr batteriebetriebene Busse und Postautos in der Schweiz. Die Umstellung birgt jedoch sowohl für die Busbetreiber wie auch für die Stromunternehmen einige Herausforderungen.

Elektrofahrzeuge werden beim Personentransport immer mehr zum Standard: 2023 machten sie in der Schweiz fast ein Drittel der Neuzulassungen aus. Einen ähnlichen Trend verzeichnen inzwischen auch die Linienbusse, und zwar in ganz Europa. So wurden im ersten Quartal 2023 europaweit mehr batterieelektrische Busse in Verkehr gesetzt als Dieselbusse. Noch weiter ist diesbezüglich China: Bereits 2015 waren dort mehr als 100 000 E-Busse unterwegs. Zurückzuführen war das auch auf eine starke Unterstützung der Regierung, die mit der Umstellung von fossil auf elektrisch betriebene Busse die grassierende Luftverschmutzung reduzieren wollte. 

Elektrobuss in Shenzhen
In der chinesischen Metropole Shenzhen mit 12 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern sind bereits seit 2017 fast ausschliesslich Batteriebusse im Einsatz – insgesamt rund 14 000. Quelle: iStock/Nikada

Der positive Trend in Europa sei ebenfalls auf regulatorische Massnahmen zurückzuführen, sagt der Mobilitätsexperte Silvan Rosser vom Beratungsunternehmen EBP. «Die EU hat entschieden, dass ab 2035 de facto nur noch emissionsfreie Linienbusse zugelassen werden dürfen. Die Schweiz will laut Bundesrat bei der Transformation des Verkehrsbereichs die EU-Massnahmen übernehmen.» Zudem muss gemäss dem revidierten CO₂-Gesetz auch der ÖV die Mineralölsteuer bezahlen – ab 2026 nur im Ortsverkehr, ab 2030 auch ausserhalb. Überdies erhalten die Transportunternehmen vom Bund knapp 50 Millionen Franken pro Jahr, um Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb zu beschaffen. 

Je mehr Kilometer ein Batteriebus zurücklegt, desto rentabler wird er.
Silvan-Rosser-EBP
Silvan Rosser, Mobilitätsexperte
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Diese Massnahmen erhöhen die Wirtschaftlichkeit von Batteriebussen im Vergleich zu Dieselbussen. Dazu tragen auch die technischen Fortschritte bei der Entwicklung leistungsfähigerer und kostengünstigerer Batterien bei. Und: Viele Hersteller und Flottenbetreiber haben sich ebenfalls das Ziel gesetzt, den Anteil an Batteriebussen zu steigern. Der Kanton Basel-Stadt will sogar schon ab 2027 nur noch emissionsfreie Linienbusse betreiben.

Batteriebus vs. Dieselbus

Wann lohnt es sich für Betreiber, von fossil betriebenen auf batteriebetriebene Busse umzusteigen? Letztere sind in der Anschaffung teurer, dafür aber im Betrieb günstiger, weil die Energie- und Unterhaltskosten tiefer ausfallen. «Deshalb gilt: Je mehr Kilometer ein Batteriebus zurücklegt, desto rentabler wird er», erklärt Rosser. Auch mit Blick auf die Ökobilanz ist eine hohe Fahrleistung wichtig. Wegen der aufwendigen Batterieproduktion wirkt sich die Herstellung eines Batteriebusses stärker auf die Umwelt aus als jene eines Dieselbusses. Im Betrieb hat aber der Batteriebus die Nase vorn, insbesondere wenn er mit erneuerbarem Strom geladen wird. «Ein Dieselbus verbraucht je nach Grösse und Einsatzgebiet zwischen 25 und 50 Litern Diesel pro 100 Kilometer und verursacht damit hohe Treibhausgasemissionen», sagt Rosser. Ein mit erneuerbarem Strom geladener Batteriebus sei im Betrieb dagegen weitgehend CO₂-frei unterwegs und erreiche damit über seine Lebensdauer eine wesentlich bessere Ökobilanz als ein Dieselbus.

Batteriebus vs. Trolleybus

Elektrisch betriebene Linienbusse sind in der Schweiz in einigen Städten schon seit Jahrzehnten im Einsatz: Trolleybusse. Ihr Betrieb ist allerdings recht teuer, weil spezielle Oberleitungen gebaut und unterhalten werden müssen. Aus wirtschaftlicher Sicht dürften sie gemäss Rosser etwa ähnlich abschneiden wie Batteriebusse, ebenso punkto Ökobilanz. Zwar ist die Antriebsbatterie bei Trolleybussen kleiner, aber über den gesamten Lebenszyklus fällt dies kaum ins Gewicht. Trolleybusse sind dort im Vorteil, wo lange Buslinien mit hohem Takt zu befahren sind – batterieelektrische Busse müssten auf diesen Strecken mit sehr grossen Batterien ausgerüstet werden. «Wir gehen deshalb davon aus, dass auf Linien mit bestehenden Oberleitungen auch künftig Trolleybusse verkehren», sagt Rosser.

Trolleybusse in der Berner Altstadt
Trolleybusse wie hier in der Berner Altstadt dürften wegen der aufwendigen Oberleitungen künftig seltener werden. Quelle: Pixabay/hpgruesen

Netzbetreiber gefordert

Ein Batteriebus funktioniert nicht nur punkto Antrieb anders als konventionelle Bustypen, sondern benötigt auch ein anderes Gesamtsystem. Diese Umstellung ist für die Transportunternehmen herausfordernd, denn verschiedene Aspekte wie Fahrplan, Fahrzeuge, Ladeinfrastruktur, Betrieb und Personaleinsatz hängen voneinander ab und müssen daher zusammen geplant werden. 

Gefragt sind aber auch die Netzbetreiber. «Bereits ein mittelgrosses Busdepot muss an das Mittelspannungsnetz angeschlossen werden, damit die benötigten Ladeleistungen zur Verfügung stehen», erklärt Rosser. «Es kann so rasch zum grössten Stromverbraucher einer Gemeinde werden.» Transportunternehmen müssen daher die Netzbetreiber möglichst frühzeitig über ihre Umstellungspläne und die benötigte Ladeleistung informieren, damit diese den allfälligen Ausbau ihres Netzes planen können. Bezahlen muss diesen Ausbau der Endverbraucher, also das Transportunternehmen. Das kann sehr teuer sein. Rosser zufolge bieten aber viele Kantone Unterstützung bei der Finanzierung an, dank des CO₂-Gesetzes bald auch der Bund.

Pilotprojekt in Graubünden

Wie die Umstellung von einer fossil betriebenen Busflotte auf eine mit Batteriebussen funktionieren kann, zeigt das Projekt «ELMO Graubünden» – eine Kooperation zwischen PostAuto und PLUG ‘N ROLL. Dabei galt es vorgängig, die Reichweite der Batteriebusse, die spezifischen Streckenprofile und die Platzierung der Ladeinfrastruktur zu einem stimmigen Kursplan zusammenzufügen sowie die nötigen kommunalen Genehmigungen einzuholen. Zum Aufladen der Busse wurden insgesamt 17 Ladepunkte an unterschiedlichen Standorten realisiert:

6 Ladestationen

mit je 100 kW Leistung beim Depot der Dünser Bus GmbH in Trimmis

5 Ladestationen

mit je 100 kW Leistung beim Depot der Karl Gessinger AG in Bad Ragaz

4 Ladestationen

mit je 150 kW Leistung beim Bahnhof Landquart

2 Pantografen

Ø  mit je 300 kW Leistung beim Bahnhof Untervaz-Trimmis

Bis im Januar 2023 die ersten batterieelektrischen Postautos im Linienbetrieb starten konnten, gab es gemäss Gesamtprojektleiter Robert Pleisch verschiedene Herausforderungen zu meistern. Dazu zählten Verzögerungen; die Ladeinfrastruktur beispielsweise wurde deutlich später geliefert als erwartet. «Aus technischer Sicht war die hohe Anschlussleistung für die Pantografen am Bahnhof Untervaz eine Knacknuss», ergänzt Pleisch. «Es brauchte einen kleinen Kunstgriff, bis die endgültigen Anschlüsse etwas mehr als ein Jahr später erstellt waren.» Dieser gelang, indem für die ersten 18 Monate im Betrieb eine provisorische Trafostation an eine bestehende Trafostation des Verteilnetzbetreibers angeschlossen wurde.

Als Vorteil für die Planung erwiesen sich die Erfahrungen, die man beim Mutterkonzern Repower mit dem Betrieb von Kraftwerken hat. Man unterschätzt so die Komplexität der Steuerung nicht und wusste, dass das Störungsmanagement entscheidend ist. Die Ladeinfrastruktur wurde deshalb als sehr besonders relevant eingestuft und von Beginn an ins Leitsystem eingebunden.

Die neuen E-Postautos in Graubünden.
Die neuen E-Postautos sind beim Personal ebenso beliebt wie bei den Fahrgästen.

Neue E-Postautos

Eine wichtige Rolle bei einer solchen Umstellung haben die Menschen, die bei ihrer täglichen Arbeit davon betroffen sind: die Postauto-Chauffeure. Sie waren gemäss Pleisch zuerst skeptisch gegenüber batterieelektrischen Bussen, etwa wegen der Reichweite der Batterie. «Nach den ersten Betriebstagen haben wir von ihnen aber fast ausschliesslich positive Rückmeldungen erhalten.» So sei etwa das Fahrverhalten der E-Postautos gelobt worden und auch die Fahrgäste äusserten sich zufrieden. 

Wie geht es weiter mit dem Projekt ELMO Graubünden? Es wird grundsätzlich laufend ausgebaut. In der Zwischenzeit hat die Karl Gessinger AG in Bad Ragaz eine neue Einstellhalle mit 6 weiteren Ladepunkten realisiert. Zudem steht die Inbetriebnahme eines neuen E-Postautos in die Flotte bevor. Die Transformation hin zu einem CO₂-neutralen Busverkehr kommt also voran im Kanton Graubünden. 

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